DIE DATSUNS - Die Oldtimer Markt berichtet über einen Datsun Cherry E10 Van und über Graf Goertz – Das wird gut!

Oldtimer Markt – März 2023

Einen Artikel auf Richtigkeit zu prüfen, der sich um das liebste Thema dreht, bringt schon immer eine gewisse Würze mit sich. Dreht sich der zu kritisierende Artikel dann aber noch um einen selbst, hat das Ganze dann doch einen gewissen Beigeschmack.

Aber lasst uns vorne anfangen. Und zwar im Jahre 2021, zwei Jahre bevor die Oldtimer Markt im Februar 2023 eine Ausgabe herausbringt, die den vermutlich längsten Artikel über einen Nissan Cherry beinhaltet, den es in den letzten 30 Jahren gegeben hat. Noch dazu mit einer Menge wirklich guter Fotos.

Inhaltlich soll es dabei um ein vermutlichen letzten E10 Van gehen, der aktuell in Deutschland zugelassen ist. Und ist das nicht schon speziell genug, soll ebenfalls die Heldenreise des Besitzers und der Kaufprozess des Wagens beleuchtet werden.

Außerdem – um das Thema Datsun einer etwas breiteren Leserschaft schmackhaft zu machen – soll ein Seitenhieb in Richtung Graf Goertz und die Falschinformationen zu ihm und seinem Schaffen innerhalb der Nissangeschichte angehängt werden. Das klingt vielversprechend. Dabei ist Ziel, auf die Recherchen und das Wissen von Datsun Autowerk zurückzugreifen: „Schreibe mir einen Text mit 4000 Zeichen“ heißt es. „Wir lassen dich zu Wort kommen und schreiben endlich, wie es wirklich war. Deine Familiengeschichte reicht nicht, um Leser zu gewinnen. Da braucht es mehr.“ So zumindest die Grundstimmung und muntere Motivation, nicht wieder von bereits geschriebenen Artikeln abzuschreiben. Wie das meist zuvor schon gemacht wurde und nach wie vor gemacht wird. Grundsätzlich ein lobenswerter Ansatz.

Während des zweijährigen kreativen Prozesses der Oldtimer Markt passiert lange erst einmal nichts. Bis das Thema dann wenige Wochen vor dem Druck den Weg aus dem Archiv bis rauf auf den Schreibtisch fand. Dabei gingen, um das Thema vorwegzunehmen, einige Details aus Gesprächen während des Fototermins 2021 verloren oder fanden in kreativ abgewandelter Form den Weg ins Heft.

So startet es bereits am Anfang der Geschichte mit inhaltlichen Fehlern hinsichtlich der Berichtserstattung meinerseits. Zwar werde ich an einigen Stellen zitiert, das aber auch nicht ganz wahrheitsgemäß. Eine Freigabe oder ein Korrekturlesen hat aus Gründe von „Zeitdruck“ und „fehlenden Dateien“ nicht stattfinden können. Eine Datenschutzerklärung bzw. das Einholen einer Erlaubnis zu Veröffentlichung von persönlichen Daten und die Verwendung von Fotos hat es ebenfalls nicht gegeben.

Zwar möchte ich jetzt nicht unbedingt behaupten, dass man bereits nach dem Lesen der ersten halben Seite von gewollter Fehlinformation sprechen kann, doch kommen Zweifel auf, ob es generell darum geht, eine richtige Geschichte zu schreiben.
Oder ob schlussendlich doch der Zeitdruck siegt. Oder ob Recherche und Wahrheit am Ende doch nicht so wichtig sind. Aber das kann der Leser für sich entscheiden.

Aber lesen wir weiter im Artikel.

Denn bereits auf der übernächsten Seite bröckelt das Image guter Details. So wird in einer Darstellung aller Cherrymodelle auf verschiedenen Karosserievarianten hingewiesen, dann aber kurzerhand der Hubraum der erwähnten Cherry X-1 Version von 1,2 auf 1 Liter verringert. Aber sprechen wir hierbei ruhig von journalistischem Freiraum, auf Hinblick auf ökologischem Downsizing.

Auch werden die eigentlich vier ersten Händlerstützpunkte auf lediglich drei reduziert. Aber das sind Kleinigkeiten.

Wilder hingehen geht es auf Seite 58 zu, die extra dem anfangs bereits beschilderten Thema des Grafen Goertz gewidmet ist und in schwarzer Hinterlegung nicht nur von den anderen Heftseiten abweicht, sondern gewissermaßen auch die Laune und den Missmut beim Lesen des Textes widerspiegelt. 

War es nicht ursprünglich die Idee, dieses Thema „richtig“ zu stellen und nicht von bisherigen Artikel bereits kopierte Texte zu kopieren und darauf zu verzichten, alte Männer zu zitieren, die ihr Wissen ebenfalls aus kopierten Kopien von nicht recherchierten Quellen ziehen. Denn genau das passiert hier mit Anlauf.

Kurz vor der Ziellinie wird eingeknickt und einem Mann das Feld überlassen, der innerhalb des Artikels bisher keine Rolle spielte. Eberhard Kittler kommt zu Wort. Ehemaliger Leiter der Volkswagen Classic und Autor mehrerer Sachbücher. Aber dazu später mehr.

Denn ganz ohne Ironie und ohne die korrekte Einordnung der Zusammenhänge fällt der Blick auf die untere rechte Ecke der Seite. Hier zeigt man den Grafen Goertz grinsend neben einem 240Z stehen.

Das Foto zeigt, zitiert man Mitarbeiter von Bob Sharp (Rennfahrer, Datsun-Händler, Urgestein der Datsun-Renngeschichte), den Wagen von Nissan USA Vizepräsidenten Soichi Kawazoe. Dieser lud Goertz zur Präsentation des 240Z auf der New York Autoshow ein.
Die Idee, den Fotowagen in Schwarz zu lackieren und mit anderen Felgen zu versehen, kam von Goertz. Er wollte ihm eine individuelle Note verpassen.
Der Wagen existiert übrigens noch immer und gehört einem Sammler, der ebenfalls mehrere Rennwagen von Bob Sharp sein Eigen nennt, darunter auch der Wagen mit der Fahrgestellnummer HLS30 00006.

Aber zurück zum Inhalt: Denn schon zu Anfang müssen Zitaten meinerseits ein gewisser Spielraum in der Richtigkeit eingeräumt werden. Hier wird dem Leser offenbar die Aufgabe der Lektüre von Fachliteratur überlassen.

So fragt man sich beim Studieren dieser Seite, welche Aussagen diese sind, die man an korrekt ansehen darf. Geht es anfangs darum, dass Kimura Kazuo und sein Team federführend am Design des ursprünglich Datsun Coupe 1500 genannten Fahrzeugs verantwortlich war, so wird im hinteren Teil des Textes von Eberhard Kittler behauptet, dass Goertz höchstpersönlich für die Formgebung des Wagens verantwortlich war. Das klingt selbst auf den ersten Blick nach einem Widerspruch innerhalb weniger Zeilen und zeigt, dass im deutschen Automobiljournalismus die Meinung eines langjährigen Automobilhistorikers mehr Gewicht hat, als das gesammelten Fachwissen der weltweiten Fan-Gemeinde der japanischen Marke. 

Untermauert wird das mit den Worten, dass Autochronist Kittler mit dieser Aussage gegenüber Oldtimer Markt einen Schlussstrich unter die Akte Goertz zieht. Das vielleicht aus Trotz oder Unwissen. Oder aus Angst, bisher geschriebene Texte revidieren zu müssen. Oder geht es schlichtweg darum, jede andere Meinung zuzulassen, um keine Stammleser zu vergraulen? Ich sehe bisher keine Strategie hinter der Einholung Kittlers Meinung zu einem Thema, in dem er offen gesagt nicht besonders tief involviert ist.

Wir Deutschen scheinen vielmehr in jeder erfolgreichen Geschichte an irgendeiner Stelle irgendeinen Deutschen zu brauchen, der für den Erfolg verantwortlich ist.

Im späteren Verlauf des Textes liest man, dass 1981 der „Name Datsun in die Wüste geschickt wurde und alle Autos des Konzerns fortan Nissan hießen“. Das stimmt nicht ganz, wurden im Jahre 1981 doch dieser Prozess lediglich angekündigt und dauerte mehrere Jahre, um auf den Hauptmärkten für den Namenswechsel zu sorgen. So gab es beispielsweise im Jahre 82 und 83 noch einen Datsun Micra in Deutschland oder in einigen asiatischen Ländern den Datsun Ute noch bis in die 90er Jahren hinein. Und selbst Japan bot Anfang der 2000er den D21 noch als Datsun Pickup an. Und das ganze 12 Jahre, bevor Datsun als Budget-Marke wieder eingeführt wurde. Aber lassen wir das. Wikipedia kann schließlich nicht alles wissen.

Was bleibt also nach solch einem überraschend langen Artikel über „ein Auto ohne Lobby“ für ein Gefühl bei mir, der für die Marke und Geschichten hinter der Marke brennt? Stolz und Freunde? Lust auf ein Abonnement von Oldtimerzeitungen und die Empfehlung, allen Publikationen zu hundert Prozent zu vertrauen?
Eher nicht.
Ehrlicherweise macht sich mehr ein Gefühl von Frust bemerkbar und ich stelle mir die Frage, ob – wenn schon bei so einem speziellen Thema im Gespräch mit spezialisierten Menschen so wenig Wert auf korrekte Wiedergabe von Tatsachen gelegt wird – es bei anderen Themen, über die geschrieben wird, nicht auch so ist, dass das Kratzen an der Oberfläche schon ausreicht, um Leser zu begeistern?

Epilog: Auf Nachfrage, weshalb oben angesprochen Entscheidungen getroffen wurden, bekam ich keine Antwort.