Eines der letzten großen Abenteuer – der Kauf des wohl einzigartigsten Datsun 100A Van

Es ist bekanntlich nicht leicht, etwas zu finden, was es eigentlich nicht gibt.

So begann die Suche nach einem 100A Kombi schon vor vielen Jahren.

Ursprünglich war der Plan schon vor langer Zeit gefasst, der Tradition folgend selbst einmal einen E10 zu besitzen. Schließlich gab es in den 70er Jahren mehrere davon in der Familie.

Es kam alles anders. Und weil Z nach A kommt, landete erst einmal der 260Z in der Garage.

Und so zogen Jahre ins Land und der 100A hämmerte immer und immer wieder von hinten an die Hirnrinde. Doch leider ergab die Suche in den einschlägigen Autoportalen kein zufrieden stellendes Ergebnis. Ab und an wurde mal ein 100A 5–Türer angeboten. Manchmal in Blau, manchmal in Grün. Nie als Kombi, nie in einem Zustand, der mich auf der Stelle die Konten leeren und in die Ferne reisen ließ.

So verging die Zeit und der Druck wurde immer größer. Ich fasste den Plan, zum 60. Geburtstag meinem Vater einen 100A als passendes Geschenk zu suchen.

Doch bedauerlicherweise wurde es auch diesmal nichts. Die Auswahl ging auf 0 und somit wurde der Ehrgeiz immer größer. Zum Leidwesen aller.

Mittlerweile befand ich mich so tief in der europäischen Datsun Szene, dass ich nach Frankreich, nach Polen, Litauen oder gar Schweden meine Kontakte sitzen hatten, die ich immer mal wieder darauf ansetzte, die Augen nach einem 100A Kombi offenzuhalten.

Doch nichts passierte.



Bis mir irgendwann Sean D. – ehemals Datsun Club England Veteran und mittlerweile in Frankreich lebender Datsun Auspuff–Hersteller – einen Link zu einem 100A Kombi schickte. In Frankreich. 1300 km entfernt.

Der Wagen sei gut, er wurde vor 8 Jahren komplett restauriert, alle Teile sind neu – ein Traum schien wahr zu werden.

Leider hatte der Besitzer keine Fotos zur Hand. Die Festplatte sei kaputt. Doch ich fand alte Fotos des Aufbaus in einem französischen Datsun Forum.

Es kam Spannendes zum Vorschein. Der Wagen ist gelb. Vormals rot. Vormals in Deutschland gefahren. Vielleicht in Frankfurt? Die Fantasie ging mit mir durch.

Der Verkäufer hingegen, Franzose durch und durch, sah den Wagen als Auto, transportierte damit Dreck, Gestein und nahm jedes Wetter zum Trotz den kleinen Exoten für jede Tour hart ran.

So machte sich Rost am Unterboden und Risse im Innenraum bemerkbar.

Der zuckersüße Geschmack frisch montierter Felgen wisch dem eines alten Bonbons, das etwas zu lange auf dem Gehweg lag. Ich kam ins Grübeln.

Schnell war klar, dass hier zwar die Basis und die Geschichte spannend, nicht aber der Zustand besonders überzeugend war. Doch war die Auswahl nicht da und der Wunsch sehr groß, endlich zuzuschnappen.

So entwickelte sich eine langwierige mentale Reise in einem Auf und Ab der Gefühle.

Die Kommunikation mit dem Franzosen war träge. Lief über meine Schwester in Toulouse und war tendenziell eine grenzüberschreitende stille Post. Hier und da fehlten Details, manches ging unterwegs verloren.

Das Spiel mit ihm ging von etwa Januar 2019 bis Mai 2019. Es ging sogar so weit, dass sich schlussendlich ein Treffen zwischen dem Verkäufer und meiner Schwester als beste Lösung herausstellen sollte. Später würde ich den Wagen auf eigener Achse aus Toulouse abholen. Ob das gut gehen würde? Würde es sich lohnen? War es die beste Entscheidung?

SCHNITT. Wir spulen vor.

Am 18.5. schrieb mir oben erwähnter Sean D. erneut eine Nachricht. Knapp, aber mit einer frohen Kunde.

„Hi , I thought of you and your Dad.“

Dahinter ein Link zu einer französischen Verkaufsplattform.

Hier wurde wieder ein 100A angeboten. Wieder als Kombi. Und in derselben Farbe.

Zufall? Fügung? Nervosität macht sich breit.

Es stellte sich heraus, dass der hier angebotene Wagen komplett im Originalzustand ist. Keine Reparaturen, kein Umbau. Keine vertuschten Defekte.

Wie sich herausstellte, ist der Wagen 1,5. Hand.

Der Verkäufer ist gleichzeitig auch der Händler gewesen, der den Wagen im Jahr 1974 verkaufte.

Die Kundin von damals verstarb vor 2 Jahren. Die Erben gaben den Wagen an den Händler zurück.

Roland D., so sein Name, ist selbst schon lange in Rente und stellte den Wagen zu seiner Sammlung.

Nun war es für ihn an der Zeit, sich davon zu trennen. Er stellte ihn ins Netz und wartete ab.

Viele Interessenten riefen an. Viele Nachrichten wurden geschrieben.

Unter anderem eine von mir. Das Französisch darin offenbar schlecht genug, als dass er dachte, ich sei ein windiger Gebrauchtwagenverkäufer. Ich glaubte nicht ganz, dass da ein Typ aus Deutschland einen alten Datsun als Rentengeschenk für seinen alten Herrn kaufen wollte.



Also passierte erst einmal nichts. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich telefonierte mit Marc S. aus Mannheim, der selbst 280Z fährt und ursprünglich aus Frankreich kommt. Er telefonierte mit Roland D., erklärte ihm die Geschichte und fungierte von nun an als Mittelsmann.

Aber Bilder alleine sagen nicht viel aus. Der Wagen müsste wenigstens aus der Ferne einmal angeschaut werden.

An dieser Stelle betrat Dr. Gilles die Bühne. Gille lebt in Lyon, fährt ebenfalls Z und wohnte lediglich 70 km von Pralong entfernt, wo Roland lebt und der 100A steht.

Er besuchte ein paar Tage später den kleinen 100A und wollte sich melden. Das tat er erst sehr spät.

Ich befürchtete, dass er selbst zugeschnappt hatte. Doch diese Angst war unbegründet.

Gilles, als guter Franzose, trank erst einmal Kaffee mit Roland und sie unterhielten sich über die alten Autos. Dann erst ging es zum 100A.

Gilles machte viele Fotos, schickte sie an Marc, der sie mir weiterleitete.

Nach einer kurzen Überlegung, statt eines voll restaurierten Fahrzeuges nun einen originalen zu nehmen, versicherte ich Marc, Gilles und Roland, dass ich in der darauffolgenden Woche den Wagen abholen würde.

Und so kam es auch.

Ich sicherte direkt einen Flug für 2 Personen nach Lyon und reservierte einen Mietwagen. Mit dabei war Antonius K., ein alter Schulfreund, der verrückt genug war, mit auf den Trip zu kommen.

Als wir morgens um 9 den Flughafen betraten, wusste wir noch nicht, was uns erwarten würde.

Die Vorbereitungen waren den Umständen entsprechend recht gut. Zwar konnten wir weder Werkzeug noch sonstige Dinge mitnehmen, hatten uns aber aus meiner Werkstatt eine rote Nummer geliehen.

Zwar war auch das nicht die feine Art – sind rote Nummern in Frankreich nicht zugelassen – stellte für uns aber die einzige Möglichkeit dar, den Wagen auf eigener Achse zu überführen. Zumindest ab der Grenze.

Meine Schwester war zeitgleich damit beschäftigt, den Wagen auf sich zu versichern, doch als Backup sollten die roten Schilder uns in einem gewissen Maße einen Hauch von Sicherheit geben.

Angekommen in Lyon stiegen wir direkt in unseren geliehenen Kia Sonic um. Nach 160 km hatten wir das Ziel erreicht und Roland (zusammen mit seiner Schildkröte) öffneten uns das Tor.



Und da stand er. Gelb, strahlend, unfassbar schön.

Dies war der erste Moment, in dem ich einen 100A live vor mir stehen hatte. Ein tolles Auto! Im Kopf sprudelten mir sämtliche Familiengeschichten von damals und es fühlte sich an, wie ein langersehntes Wiedersehen.

So oder so wusste ich, dass dieser Wagen nur auf mich gewartet hatte.

Roland erzählte uns alles und zeigte, dass auch wirklich jeder Knopf und jeder Schalter funktionierten. Wir regelten die Papiere und tranken noch einen Kaffee bei bestem Wetter in seinem Garten.

Da in Frankreich ein Feiertag war, schilderte seine Frau uns noch den Weg zum Supermarkt, der unter Umständen offen sein müsste. Genau wüsste sie das nicht. Es sei eben Feiertag.

Wir fuhren also los und sicherten uns unser Mittagessen. Pizza, Käse und Wurst. Wir aßen sitzend im Kofferraum auf dem Supermarktparkplatz.

Nun gingt es darum, den Kia wieder in Lyon abzugeben und von dort aus die restliche Strecke anzutreten.

Dazu muss man sagen, dass Roland sehr irritiert darüber war, dass wir die knapp 1000 km am Stück und auf eigener Achse fahren wollte. Doch warum nicht? Der Nissan funktionierte schließlich. Bei ihm im Hof. Eine Probefahrt machten wir nicht.

Nach etwas 100 km verabschiedete sich das rechte Spiegelglas und der Kühler kochte ein bisschen. Davon abgesehen lief das von uns getaufte „Senfauto“ aber absolut problemlos.

Zwischendurch entschieden wir uns, dass wir nicht wie geplant ins Straßburg übernachten würden, sondern fuhren weiter. Gegen halb 5 am Morgen stand der kleine Gelbe nun auch in meiner Einfahrt und konnte sich von der genüsslichen Heimreise durch französische Landschaften ein wenig erholen. Das gute Wetter und die Sonne, die den Lack zum Glänzen brachte, waren Motivation genug.




Nach einer kurzen Nacht ging es dann auch direkt weiter nach Rüsselsheim. Dort angekommen übergab ich Erik S., meinem Mechaniker, den 100A.

Sehr zur Freude aller war der Wagen auch am Unterboden in gutem Zustand und es standen nur wenige Dinge auf der To-do-Liste.

Nachdem etliche Kartons mit Kleinteilen den Weg nach Rüsselsheim gefunden hatten, durfte sich nun der TÜV Prüfer der Sache annehmen. Er hatte große Freude daran, so ein kleines und völlig unbekanntes Fahrzeug offiziell auf die deutschen Straßen zu lassen. Die TÜV Vollabnahme und die H–Zulassung liefen problemlos.

Ganz anders jedoch auf der Zulassung. Die Technikabteilung in Frankfurt im Römerhof 1 hatte so großen Spaß, dass es nicht nur einer, sondern gleich drei Besuche brauchte, um alles ganz offiziell zu machen.

Die Sache ist nämlich die: Kauft man in Frankreich ein Fahrzeug, wird der „Schein“, den es zu jedem Auto gibt, in zwei Teile getrennt. So hat jeder – also Käufer und Verkäufer – einen Nachweis über den Kauf mit den jeweiligen Daten des anderen. Die Versicherung ist somit auch nicht mehr vorhanden. Hat man eine neue Versicherung, bekommt man einen neuen ganzen Schein und alles beginnt von vorne.

So hatte auch ich nur die Hälfte des Papiers. Die andere Hälfte blieb in Frankreich.

Die Zulassungsstelle brauchte aber beide Zettel.

Nun kam Marc wieder dazu. Er sprach mit Verkäufer Roland und organisierte die zweite Hälfte des Zettels.

Aber auch das reichte der Zulassungsstelle nicht. Ich benötige einen Kaufvertrag, sagte der Herr dort. Den hatte ich. Auf Französisch. Aus Frankreich. Das geht aber nicht. Das sei nur ein Eigentumsnachweis, kein Kaufvertrag. Ich würde also einen deutschen Kaufvertrag benötigen.

Etwas verwundert fuhr ich nach Hause, organisierte auch dieses Dokument per Mail nach Frankreich, fuhr wieder zurück und war Nachmittags der letzte im Gebäude der Zulassung.

Mit Nummernschild.



Doch das Schild selbst war auch ein kleines Projekt.

Es geht nämlich nur, dass man ein Kennzeichen mit Engschrift und zwei Zeilen bekommt, wenn die Menschen aus der Technik mit dem Zollstock das Heckblech vermessen haben. Kommt noch ein H dazu, muss wieder erneut gemessen werden.

Der Wagen stand weiterhin in Rüsselsheim. Weit weg also.

Aber, vermutlich aus Mitleid oder weil die Techniker in den Feierabend wollten, bekam ich dann aufgrund eines Fotos der Heckansicht des Datsuns das passende Schild genehmigt. Was soll man da sagen?

Stolz wie Bolle fuhr ich am nächsten Tag zu Erik vom Benzinrausch und montierte die Schilder.

Auf dem Weg nach FFM erwischte mich noch fix ein fester Beweisfotoblitzer und die Stadt Rüsselsheim begrüßte mich somit als Besitzer des laut KBA einzigen zugelassenen Datsun 100A Kombi. Eine schöne Pointe.